Bericht Festival Latino
mit Los Van Van und Orishas
im Zenith München am 07.07.06
Kaum einer wird auf Widerspruch stoßen,
der behauptet, die Veranstaltung eines Latinokonzertes im
größeren Stil sei ein Wagnis. Umso mehr Aufmerksamkeit erregte
schon vor etlichen Wochen die Ankündigung des Festival Latino
für den 7. Juli 2006. Eine Kombination von Los Van Van,
Orishas und Terra Samba sollte es sein. Ist es schon nicht
einfach eine Gruppe allein zu präsentieren, ohne als
Veranstalter mit einem langen Gesicht nach Hause zu gehen, so
regte dieses Paket doch gewisses Erstaunen hervor, erschien
die Schnittmenge doch nicht allzu groß. War der Eintrittspreis
durch drei geteilt zwar noch im akzeptablen Bereich, so war er
für eine Lieblingsgruppe schlichtweg zu hoch. Wohlwollender
Skepsis in der Vorlaufzeit war dem ganzen Vorhaben damit
unweigerlich der Weg geebnet. Nach Absage ihrer Tournee konnte
Terra Samba schnell durch Margareth Menezes ersetzt werden.
Nun wollte es der Zufall, dass sie gerade drei Wochen vorher
schon ihr Stelldichein in einer noch lodernden Brasilien WM
Euphorie gab. Vielleicht hätte auch der Topfavorit nicht so
unerwartet früh aus dem Wettbewerb ausscheiden dürfen, war der
Konzerttermin eigentlich taktisch klug zwischen Halbfinale und
Endspiel platziert. Die potentielle Brasilianerfraktion unter
den Besuchern war damit vermutlich schon erheblich
geschrumpft. Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn Kuba WM
Teilnehmer gewesen wäre?
Wie auch immer, dem Schreiber schwante nichts Gutes, als er
gegen 20.00 das Zenith erreichte und keinerlei Bewegung bei
den Wartenden zu erkennen war. Die Kasse war geschlossen. Die
Besucher übten sich in bewundernswerter Geduld vor der Halle.
Spätestens als nach 21 Uhr Einlass gewährt wurde, war auch dem
letzten klar, dass der Abend nicht den geplanten Verlauf
nehmen würde. Einige hatten mitbekommen, dass zuvor draußen
der Veranstalter um Verständnis zu werben versucht hatte. Es
hätte technische Probleme gegeben und das Geld soll nicht
gereicht haben, um die Bands zu bezahlen. Auftritte sollten
aber doch stattfinden. Wer sollte es aber sein?
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Das Instrumentarium von Margareth Menezes, die eigentlich um
19 Uhr den Anfang hätte machen sollen, wurde wieder abgebaut.
Zu erheblich vorgerückter Stunde begaben sich dann Los Van Van
auf die Bühne und legten den obendrein noch klanglichen
Widrigkeiten zum Trotz richtig los. Auch die optische
Verkleinerung durch Vorhänge machte an diesem Abend aus dem
Zenith nämlich keinen Tempel akustischer Ohrenschmäuse. Ein
paar hundert Besucher hatten sich die Laune nicht verderben
lassen und hatten ihren Spaß beim routinierten Auftritt der
wohl bekanntesten Combo Kubas. Da wollten wohl, obwohl schon
abgesagt, die Orishas nicht nachstehen und setzten
anschließend noch einen drauf. Viele, die wegen ihnen gekommen
waren, hatten da leider schon viel früher das Handtuch
geworfen. Es fiel nicht mehr ins Gewicht, dass das
angekündigte Showprogramm zu einer Mininummer geschrumpft war
und die Musikzusammenstellung in den Pausen ziemlich unter
aller Kanone war. Wo waren da die DJs? Auch die auf der
Webseite des Veranstalters angekündigte Spende für wohltätige
Zwecke aus den Eintrittsgeldern bekam aufgrund der Umstände
logischerweise einen skurrilen Beigeschmack. Ob sich noch
jemand ins 4004 zur Aftershowparty per kostenlosen Shuttle
chauffieren ließ, war nicht mehr zu eruieren. Immerhin war es
schon fast 3 Uhr morgens.
Was bleibt? Die Besucher verbrachten die Wartezeit vor der
Halle erstaunlich ruhig. Wer durchhielt, hatte sogar noch ein
Portion guter Laune übrig. Eine Komplettabsage am gleichen
Abend wäre sicher die schlechtere Alternative gewesen. Was
auch immer der genaue Grund für diese Entwicklung war, der
Münchener Latinszene wurde ein Bärendienst erwiesen. Konzerte
dieser Art können nun nur noch weniger werden. Wenn noch
welche stattfinden, dann wird in Zukunft kaum jemand noch eine
Karte im Vorverkauf erwerben. Auch die „geübteren“
Veranstalter könnten dann die Lust verlieren. Bis das
Porzellan wieder gekittet ist, wird wohl eine gewisse Zeit
vergehen.
Stephan
(alias
el
misionario)
Zu den Fotos
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Humberto Perez (Veranstalter) hat uns gebeten diese Erklärung zu veröffentlichen:
Originaltext Humberto Perez:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Festival Latino Munich am 7.Juli sollte dieses Jahr ein
Highlight in der Münchner Latino-Szene werden. Leider lief es nicht
zur Zufriedenheit der Besucher ab. Die Auftritte begannen später als
geplant und die Vorband fiel aus. Als Veranstalter des Festivals
bedauere ich dies sehr und möchte in den folgenden Zeilen hierzu
Stellung beziehen.
Schwerwiegende technische Probleme verzögerten den für 17:30
geplanten Einlass.
Ein Teil des Equipments der Band Orishas kam erst gegen 18 Uhr an
der Halle an.
Deshalb blieben die Pforten und – ganz entscheidend – auch die
Abendkasse vorläufig geschlossen.
Erst um 22 Uhr wurden die Hallentore dem zu recht frustrierten
Publikum geöffnet. Ein Ticketverkauf über die fast den ganzen Abend
geschlossene AK fand so gut wie nicht statt.
Es versteht sich von selbst, dass bei einer Großveranstaltung dieser
Dimension ein erheblicher Teil der Aufwendungen über die AK
finanziert wird. Mit einem Teil wären die zweiten Hälften der Gagen
beglichen worden.
Obwohl der Andrang des Publikums offensichtlich durch die
Hallenfenster zu sehen war, erhielt ich keine Zusage vom
Orishas-Management, dass die Band auftreten und das
Festival somit stattfinden wird. Die Folge: Keine Freigabe für den
Einlass, und damit auch keine Freigabe für die Auszahlung seiner
Forderungen.
Trotz des mäßigen Vorverkaufes wäre eine volle Finanzierung des
Festivals über die AK – das belegt die hohe Besucherzahl vor der
Halle – leicht möglich gewesen.
Im Übrigen distanziere ich mich von der anders lautenden
Darstellungen von
Herr Antonio Martinez (welcher in dieser Veranstaltung nicht
involviert war),
„Los Van Van“ und „Orishas“ wäre ohne Entgelt aufgetreten. Diese
Aussage ist
falsch. Beide Bands haben die Hälfte ihrer Gagen bereits im Vorfeld
erhalten.
Zu gerne hätte ich am Ende des Abends allen Parteien ihren
verdienten Lohn ausbezahlt.
Leider haben unvorhersehbare Vorfälle zu diesem fatalen
Festival-Ende geführt,
jedoch nehme ich mich als Verantwortlicher dieser Situation in
keiner Form aus.
Neun Monate lang haben mein Team und ich Arbeit, Geld und Herz in
dieses Festival investiert. Das Letzte, was wir uns und allen
Besuchern im Ergebnis gewünscht haben, war dieser Verlauf des
Festivals.
Das Vorhaben, ein schönes Festival auf die Beine zu stellen, konnte
leider nicht wie geplant umgesetzt werden. Für alle
Zeitverzögerungen, Strapazen und Irritationen möchte ich mich
entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
Humberto Perez
Anacaona GmbH
info@festival-latino-munich.com
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